TRAS 320 im Bestand

Sicher in die Zukunft: TRAS 320 im Bestand

Umbauten, Aufstockungen, Nutzungsänderungen – viele Anlagen sind über die Jahre gewachsen. Und selten wurde dabei alles lückenlos dokumentiert. Mit TRAS 320 (Technische Regel für Anlagensicherheit) wurde daher eine Regel eingeführt, die eine systematische Überprüfung gegenüber Naturgefahren für viele Bestandsanlagen fordert – vor dem Hintergrund des Klimawandels vor allem in Bezug auf Wind, Schnee und Eis. Da wir dafür die Gebäude ganzheitlich untersuchen, beziehen wir aufgrund der aktualisierten Erdbebennorm DIN EN 1998-1/NA:2023-11 auch die Erdbebentauglichkeit direkt mit ein.

Unser Anspruch dabei: Risiken transparent machen, wenn nötig gezielt verstärken – und damit Betriebssicherheit, Genehmigungsfähigkeit und Wertstabilität langfristig sichern. Wie das in der Praxis dann aussehen kann, haben wir am folgenden Fallbeispiel mal skizziert.

Fallbeispiel: Stahl-Skelettbau mit Aufstockungen

Das Gebäude aus dem Jahr 1971 besteht aus zwei verbundenen Hauptkörpern in Stahlskelettbauweise mit Kappenbetondecken. Über die Jahrzehnte wurden zahlreiche Dachaufstockungen vorgenommen – von ca. 21 m auf 28 m Gesamthöhe.

Die nicht unübliche Herausforderung in einem solchen Fall: die Nachvollziehbarkeit früherer Umbauten und deren statischer Nachweis. Für uns ein typisches Szenario im Bestand, das wir innerhalb von drei aufeinander aufbauenden Steps auflösen.

Unser 4-Step-Vorgehen

Step 0: Archivsuche und Bestandsaufnahme

  • Sichtung und Strukturierung aller Bestandsunterlagen (Statik, Pläne, Prüfberichte, Genehmigungen etc.)
  • Durchführung einer Lückenanalyse
  • Erstellung einer Gebäudebeschreibung

Ergebnis: Der Auftraggeber hat einen Überblick über die vorhandenen Bestandsunterlagen, die er für Folgeprojekte – inkl. unserer Gebäudebeschreibung – schnell und einfach zur Verfügung stellen kann.

Step 1: Einfache Berechnung ausgewählter Achsen

  • Festlegung eines ebenen Berechnungsmodells für besonders kritische bzw. hochbelastete Längs- und Querachsen
  • Vereinfachte Lastzusammenstellung inkl. Ermittlung mitschwingender Massen
  • Prüfung, ob die Anwendung der Theorie II. Ordnung erforderlich ist
  • Erste Analyse der Konstruktion hinsichtlich Erdbeben und erhöhten Windlasten gemäß TRAS 320

Ergebnis: Der Stahl-Skelettbau weist sehr hohe Querschnittsausnutzungen auf, bedingt durch die diversen Aufstockungen und die Anwendung der Theorie II. Ordnung.

Step 2: Komplexe Berechnung ausgewählter Achsen

Diese Phase gilt der Optimierung des Berechnungsmodells aus Step 1:

  • Genauere Abbildung des statischen Systems
  • Genauere Modellierung (Berücksichtigung von Rahmenecken etc.)
  • Nachweismethoden (teilplastische Bewertung)
  • Lastansatz (Nutzlastreduzierungen, Überlagerungsfaktoren, Imperfektionen)

Ergebnis: Klarere Lastpfade und belastbare Nachweise, um besser zu verstehen, wo Verstärkungen wirklich wirken müssen.

Step 3: Bemessung und Ausarbeitung von Verstärkungsmaßnahmen

Aktuell befindet sich unser Projekt in dieser Phase unseres 4-Step-Vorgehens. Sobald die Arbeiten abgeschlossen sind, gibt’s ein Update von uns dazu. Das Ziel ist aber immer: so viel Verstärkung wie nötig, so wenig Eingriff wie möglich – und dabei die Wirtschaftlichkeit, Ausführbarkeit und Genehmigungsfähigkeit im Blick zu behalten.

Mehrwert über die Norm hinaus

Compliance trifft clever – denn mindestens genauso wichtig wie die Normerfüllung ist auch der praktische Mehrwert für die Anlagenbetreiber. Die Ergebnisse unserer statischen Untersuchungen bringen nämlich ganz konkrete Benefits mit sich:

Zukunftssicherung: Unsere Untersuchungen denken spätere Umbauten und Erweiterungen bereits mit.

Betriebssicherheit & Verfügbarkeit: Aus unserer Analyse lassen sich planbare Maßnahmen ableiten – und ungeplante Stillstände vermeiden.

Genehmigungs- & Audit-Fähigkeit: Saubere Nachweise können wichtige Abstimmungen beschleunigen.

Wirtschaftlichkeit: Die Ergebnisse legen den Fokus auf wirksame Verstärkungspakete anstatt eines „Gießkannen-Prinzips“.

Zusammengefasst: TRAS 320 im Bestand ist ein Pflichtprogramm. Das ist richtig. Richtig ist aber auch, dass mit TRAS 320 ein robustes Gesamtbild des Bauwerks entsteht – und ein Maßnahmenplan, der Sicherheit, Verfügbarkeit und Zukunftsfähigkeit messbar verbessert. Und das ist in unseren Augen eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten.